Worthülsen

Sie haben in den letzten Jahren zugenommen – die leeren Worte, die wir einander zusprechen. Immer häufiger werden sie im persönlichen wie auch im öffentlichen, leider auch kirchlichem Raum verwendet. Meine Beobachtung ist, dass die Aussprechenden sich der Wirkung leider nicht bewusst sind.
In der Geistlichen Begleitung treffe ich immer wieder auf Menschen, die darunter leiden. Sie erzählen von Bekannten und Freunden, die – vielleicht unbedacht – einladende oder versprechende Worte aussprechen, deren Erfüllung verfolgen sie jedoch nicht. Oft vergehen Jahre, in denen Bekannte und Freunde die Worte wiederholen, doch nicht erfüllen. Die Aussprechenden erzählen von Zeitnot und scheinbarer Ehrlichkeit, doch auch von der Wichtigkeit anderer Dinge und Menschen. Schwierig.
Menschen erzählen mir von den Verletzungen, die solches Handeln auslöst und von den Verwirrungen, wenn sie selbst anders handeln („Du meintest das ernst?“ „Damit konnte doch niemand rechnen.“).
Ich glaube, was mir wichtig ist, tue ich. Nur das möchte ich versprechen und in allem anderen schweigen. Für spurensuche.info habe ich mir über Worthülsen Gedanken gemacht. Wie geht es Euch mit Worthülsen?

Worthülsen
reden und doch nichts sagen
sprechen ohne es zu meinen
Buchstabenreihen ohne Sinn

Worthülsen
leere Worte
dahin gesprochen
ohne darüber nachzudenken
ohne den Sinn zu erfassen
ohne die Bedeutung zu erkennen
ohne die Folgen im Blick zu haben

Worthülsen
„mal wieder einen Kaffee trinken“
„müssen uns mal verabreden“
„müssen wir in Zukunft drauf achten“
„lass es uns gemeinsam anfassen“
„irgendwann ist auch mal gut“
„es gab nicht genug Zeit“

Worthülsen
Menschen werfen sie einander zu
obwohl das Herz ahnt,
dass da was nicht stimmt
obwohl das Herz ahnt,
es bleiben Hüllen eines Wissens und eines Handelns
das nicht erfüllt wird

Worthülsen
warum nur?

Wann erkennen wir wieder einander?

Angelika Kamlage

geschrieben für spurensuche.info

One thought on “Worthülsen

  1. Habe da heute was gefunden bei D.Bonhhoeffer Zitat: „Sieh den Menschen in die Augen. Dann wirst du wissen, wie sie es meinen. Merke darauf, wie die Menschen lachen. Höre, wie die Menschen von ihren Eltern reden. Höre, wie sie von Gott reden.“ Ich wünsche Dir, liebe Angelika allseits ein offenes Ohr, ein fühlendes Auge und weite Herzen. Detlef

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