„Es ist so weit“, sagt der kleine König
„Gut“, antworte ich und stehe auf.
Ich öffne den Schrank und suche nach meinem Mantel. Irgendwo muss er doch sein.
Teuer war er. Prächtig sieht er aus.
„Was machst du?“, fragt mich der König erstaunt
„Ich suche meinen neuen Mantel. Den, den ich mir extra gekauft habe. Du weißt schon, der ganz besondere. Damit werde ich Eindruck machen. Denn der König kommt.“
Schweigend sieht mir der König weiter zu. Schließlich sagt er. „Ja, ER kommt.“
Schließlich ergänzt er: „Dieser ganze Aufwand. Seit Wochen blinkt und leuchtet es überall. Im Radio habe ich ‚Last Christmas‘ schon vor Beginn der Adventszeit gehört. Da waren noch fünf Wochen Zeit bis zum Heiligen Abend. So früh, so bunt, so laut – das wird ein prächtiger Empfang für den König.“
„So ist das eben, wenn ein König kommt.“, antworte ich. Alle kleiden sich prächtig. Es gibt Geschenke. Es wird gesungen und getanzt. Alle möchten gesehen werden. Jeder möchte wichtig sein.“
Ich suche weiter. Plötzlich halte ich inne. Der kleine Mann hinter mir ist so still. Ich drehe mich um. Er schaut mich an – und schweigt weiter.
Schließlich sagt er: „Dieses Getue. Plötzlich ist etwas oder jemand wichtig, der sonst nicht im Fokus ist. Mich schreckt das immer eher ab. Auch dann, wenn es um meine Person gemacht wird. Ja, meine Geschwister und ich tragen eine Krone.“
Er senkt den Kopf und sagt leise: „Doch – wir tragen sie nicht für die Lauten und nicht für die, die sich wichtigmachen. Wir machen die besonderen Momente deutlich. Wir sind Könige für die Hörenden und die Erzählenden. Wir selbst sind nicht falten- und kantenfrei, so wie auch ihr nicht. Wir begleiten euer Leben. Wir sind nicht bequem mit weichen Worten, sondern machen der Wahrheit den Weg frei. Schenken Tränen die Freiheit. Beschenken das Herz mit Wärme. Stellen die Würde eines jeden Einzelnen in den Mittelpunkt. Wie ER. Doch ER ist noch so viel mehr.
Jetzt senke ich den Kopf. Ein wenig schäme ich mich. Wie recht er doch hat. Mal wieder. Nicht Geschenke, nicht Glanz und Gloria sind wichtig in dieser dunklen kalten Nacht, sondern nur das Kind in der Krippe.
Gott kommt.
Nicht für den mit dem größten Besitz.
Nicht für den mit dem schönsten Mantel.
Nicht für den mit der Krone.
Nicht für den Mächtigen.
Nicht für den von besonderer Wichtigkeit.
Das Kind kommt für alle, die es suchen. Es schaut direkt ins Herz. Sein Lächeln durchdringt jeden Schutzpanzer. Es wärmt das Herz des Menschen. Es macht die Seele satt. Eigene Wünsche werden unwichtig beim Klang seines Lachens. Sehnsüchte treten zurück beim Blick in seine Augen. Ich lasse mich zu deinen Füßen nieder, Gott, und werde reich beschenkt.
Der Retter der Welt: ein Baby. Ein Friedensheld. Ein Lebensfreund für jeden, der mit IHM geht durch dick und dünn.
Der König hebt den Kopf: „Lass uns gehen wie wir sind. So sind wir genug.“
Ich lächle. Wie recht er hat.
Angelika Kamlage
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