Schlagwort: Sternenfunken

Ruhe gewinnen

Zwei Tage

liegt der Einzug Jesu in Jerusalem zurück. Der Jubel, die Kleider, die Palmzweige – all das hängt noch in den Erinnerungen von Jesus. Alles hat er ruhig hingenommen. Er tut, was seine Pflicht ihm abverlangt.

Viel habe ich – wie andere auch – über Corona und unsere Situation nachgedacht. Schon im letzten Jahr habe ich die Fastenzeit in der Coronazeit besonders intensiv erlebt. Die Natur bricht auf. Sonnenstrahlen erwärmen unser Herz. Tulpen und Narzissen beginnen zu blühen. Alles strebt nach Leben und Erfüllung, doch wir – sind alle noch zum Winterschlaf verdonnert. Corona hat uns noch immer im Griff. Es lähmt und bindet uns. Inzwischen – wahrscheinlich schon von Anfang an – sind wir alle mit der Situation überfordert. Wo bleibt für uns das „Mehr“ an Leben?

Ich beobachte mit Sorge

die vielen Reisenden, die nach Mallorca aufbrechen. Die an Weihnachten Reisenden brachten uns die ersten Varianten, stellte das Robert-Koch-Institut im Januar dann fest. Bringen uns die Mallorca-Reisenden jetzt die brasilianische Variation oder Kreuzmutanten nach Deutschland?

Ich beobachte mit Sorge die wachsende Ungeduld und den wachsenden Unmut meiner Mitmenschen. Wird die Bereitschaft des Einzelnen zur Gewalt weiter zunehmen? Wird #mefirst am Ende siegen?
Ich beobachte die Regierenden. Sie wirken zunehmend kraft- und ratloser, machen Fehler und suchen doch noch immer, davon bin ich überzeugt, nach dem bestmöglichen Weg für alle Menschen in unserem Land.

Ich beobachte auch, dass wir Menschen uns voneinander zu entfernen scheinen. Weniger, weil die Sympathie verloren geht, sondern eher, weil die Möglichkeiten der Interaktion immer weniger werden. Die einen sind müde von langen Videokonferenzen und haben dann keine Energie mehr, sich auch noch privat über diese Tools zu treffen. Andere lehnen solche Art von Begegnung grundheraus ab. Für sie ist wahre Begegnung nur Face-to-Face möglich. So bleibt die Begegnung mit der Familie und mit denen, die sich von keinem genannten Grund schrecken lassen und dennoch coroabedingt Kontakt halten.

Dauerhaftes Fasten

könnte man es nennen. Am Anfang der diesjährigen Fastenzeit wurde es viel diskutiert, wer denn überhaupt fastet – jetzt, wo doch so vieles fehlt.

Jesus wirkt

auf seinem Weg, der im völligen Verzicht auf das Leben endet, auf mich immer in sich ruhend. Nichts scheint ihn anzugreifen. Selten lese ich, dass er ausfällig gegenüber anderen Menschen wird, meist antwortet er ruhig und besonnen – auch dann, wenn er andere zurecht weist. Er klagt nicht. Er zeigt keine Angst – nur einen kurzen Moment am Ölberg. Er macht Mut und fühlt sich auch nicht erdrückt durch die Last der Hoffnungen, die auf ihm ruhen.

Gestern las ich im Evangelium,

dass Jesus sechs Tage vor dem Paschafest seinen Freund Lazarus besucht. Marta bediente alle. Sie lachten und speisten. Jesus und seine Freunde freuen sich am Leben. Jesus tut kurz vor seinem Tod das, was ihm am wichtigsten ist: Er ist mit seinen Freunden zusammen, schenkt Gemeinschaft und Wärme und wird beschenkt: Maria, die Schwester Martas, ahnt, dass etwas anders ist als sonst. Sie nimmt ein Pfund kostbares Nardenöl, salbt damit die Füße Jesu und trocknet diese mit ihren Haaren.
Judas Iskariot tadelt sie für diese Verschwendung mit dem Hinweis, dass es besser wäre, den Erlös, der beim Verkauf des Öls erzielt worden wäre, den Armen zu gegeben.

Auch jetzt bleibt Jesus ruhig als er Judas zurechtweist, obwohl er wahrscheinlich ahnt, dass dieser regelmäßig Geld aus der Gemeinschaftskasse für sich selbst nimmt und auch, dass Judas es sein wird, der ihn verrät:

Lass sie!«, erwiderte Jesus. »Dadurch, dass sie dieses Öl aufbewahrt hat, konnte sie mich im Hinblick auf den Tag meines Begräbnisses salben. Arme, um die ihr euch kümmern könnt, wird es immer geben. Mich aber habt ihr nicht mehr lange bei euch.“

(Joh 12,7+8)

Wie sehr wünsche ich mir,

dass ich ruhig bleibe, wenn mir Unrecht geschieht; wenn wieder jemand beim Einkaufen von hinten schubst und keinen Abstand hält; sich Freunde nicht melden, weil alles zu viel wird für sie; sich Reisende mit Vernunft nicht aufhalten lassen, weil sie die drohende Gefahr nicht erkennen…

Angelika Kamlage

ohne dich

ohne dich zu leben
kommt mir unsinnig vor
wie ein Baum ohne Blätter
wie ein Brief ohne Worte
wie lachen ohne Herzlichkeit

ohne dich zu leben
lässt einen Platz neben mir leer
alleine im Kino
alleine beim Kochen
alleine im Haus

ohne dich
ist die Sonne weniger warm
ist der Regen besonders nass
ist die Stille ohrenbetäubend

manchmal unverhofft
ein Lichtstrahl
wie ein gehauchter Satz
‚in allem, was dich umgibt, ist ein Stück von mir‘

©Angelika Kamlage

Wie geht es Dir wirklich?

Das Bild gesehen und gedacht:
Wann habe ich das letzte Mal jemanden danach fragen können?
Wann wurde ich danach gefragt?
Wo sind die Menschen hin?
Alle in ihren Wohnungen und Häusern?
Alle in Quarantäne?

Da ist jemand, der eine Wand nicht für Eigenwerbung
(Produkt, Aktionen …) nutzt,
sondern für eine einfache Frage
eine Frage, die ich sonst täglich einem anderen Menschen stelle
eine Frage deren Beantwortung mir wichtig ist
eine Frage, die ich auch selbst für mich schätze, wenn sie aufrichtig ist
eine Frage, die zeigt ‚Du bist nicht vergessen‘ ‚Ihr seid nicht vergessen‘

Manchmal sitze ich am Fenster und frage mich,
werden wir uns wieder die Hände schütteln
werden wir wieder einander umarmen
werden wir wieder einander zuhören und erzählen

Und seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt. (Mt 28,20)

veröffentlicht wurde dieser Impuls für die espresso.church

„Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20) –
dieser Satz ist für mich der Corona-Durchhalte-Satz.
Oft starte ich an einem Punkt und ende doch wieder bei diesem Satz.
Er tröstet.
Er stärkt.
Er überbrückt.
Er schenkt Vertrauen.
Er gibt Luft zum Atem.
Ein Schatz in allen Zeiten – besonders jedoch jetzt.

SEGEN – dein Gott ist mit dir überall

Heute ist der Festtag der „Heiligen Drei Könige“. Traditionell kommen um diesen Feiertag herum die Sternsinger ins Haus und bringen den Segen. Wie so vieles ist auch das in diesem Jahr nicht in der gewohnten Form möglich.

Viele Jahre habe ich die Sternsinger in meiner Gemeinde begleitet. Es hat mich immer sehr berührt, wie wichtig vielen Menschen der Besuch der Sternsinger ist. „ Wissen Sie, eigentlich glauben wir ja nicht an Gott. Wir sind auch schon vor vielen Jahren aus der Kirche ausgetreten, doch der Besuch der Sternsinger bleibt uns weiter wichtig. Es ist ein guter Start ins neue Jahr, wenn die Sternsinger kommen und uns den Segen bringen. Damit sind wir gut gerüstet und behütet für alles, was kommen mag.“, sagte eine ältere Dame vor vielen Jahren zu mir, als sie sich für einen Sternsingerbesuch bei mir meldete.

Gut gerüstet ins Ungewisse starten, das macht wahrscheinlich jeder so, wenn er in ein neues Abenteuer aufbricht. Egal, ob es ein neuer Job ist oder ob wir „nur“ in den Urlaub fahren. Wir möchten auf alles vorbereitet sein, damit die Voraussetzungen für das Gelingen die bestmöglichen sind. Was brauche ich, um gut gerüstet ins neue Jahr zu starten? Spannende Frage. Die andere Möglichkeit wäre ja, einfach so loszugehen und dann mal zu schauen, was passiert.

Das Jahr 2020 hat uns jedoch sehr deutlich gezeigt, dass auch die beste Vorbereitung durch das Unplanbare so nebenbei durchkreuzt werden kann. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie viele Veranstaltungen, Kurse und Tagungen abgesagt wurden.
Meinen letzten Impuls habe ich geschlossen mit dem Satz: „So habt Hoffnungen, aber niemals Erwartungen.“ Hoffnung ist das, was uns auch dann noch trägt, wenn wir alles verloren glauben. Heute lege ich den Segen dazu. Der Segen bestärkt mich, weiterzugehen im Vertrauen darauf, dass einer mitgeht, der mir wieder neue Hoffnung schenken wird.

Gott sagt zu Josua: Fürchte dich also nicht und hab keine Angst; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir überall, wo du unterwegs bist.

Josua 1,9

… und er sagt es auch zu mir. Nur neige ich öfter dazu, es zu vergessen.

Deshalb – am Anfang des Jahres bewusst einen Segen für das kommende Jahr, mein Haus, meine Lieben und mich zu empfangen, lässt mich immer wieder Gottes Gegenwart und Liebe bewusst in meinem Alltag wahrnehmen, auch wenn ein Segen keine Gelinggarantie für das Kommende ist. So wünsche ich mir heute für uns den Segen Gottes für das kommende Jahr.

Wir gehen durch Länder von Stadt zu Stadt
und folgen dem Stern mit seinem Schein.
Mit „Christus Mansionem Benedicat“
soll Gottes Segen auch bei Euch sein.
Christus segne dieses Haus und alle, die gehen ein und aus.

Am Ende meinen Dank für die Unterstützung an die Sternsinger, die – trotz Corona – den Segen für diesen Impuls eingesprochen haben. Die Videoaufnahmen haben viel Spaß gemacht mit Euch, auch wenn alles auf Abstand besprochen und gedreht werden musste.

Ihr seid ein Segen!

Erwartungen

Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Heute ist der letzte Abend. Am Ende des Jahres tragen wir alle unsere Erinnerungen an die vergangenen Monate mit uns. Gleichzeitig wagen wir einen Blick in die Zukunft. Früher gab es die Tradition des Bleigießens an Silvester – inzwischen verboten wegen der gesundheitlichen Risiken – als Orakel, das den Menschen einen Blick in die Zukunft ermöglichen sollte.
Wie auch immer ein jeder für sich den Blick in die Zukunft wagt, so verbindet uns alle, dass es meist um persönliche Wünsche und Träume für das vor uns liegende Jahr geht.

Den Advent haben wir mit Warten verbracht. Gefüllt habe ich das Warten mit Vorfreude. Jeden Tag notierte ich mir in meinem Kalender, was meine Vorfreude erlebbar macht. Das Fest der Geburt von Gottes Sohn ist vorbei. Die Weihnachtszeit hat begonnen.

Warten und Erwarten

– zwei Worte, die ähnlich und doch so verschieden sind. Warten auf ein Ereignis, das eintritt, doch auch als Haltung in meinem Leben. Warten bedeutet, dass ich meine eigenen Erwartungen zurückhalten kann. „Ich warte“ als Haltung ist offen. Dabei stelle ich mir immer geöffnete Hände vor. Die Hände sind leer – nicht fordernd nach oben gestreckt, sondern in einer entspannten Haltung vor meinem Körper geöffnet.
Erwartungen sind da ganz anders gestrickt. Erwartungen richten sich an mich selbst, an andere Menschen und auch an Gott – umgekehrt gilt das Gleiche. Menschen und auch Gott haben Erwartungen an mich und mein Verhalten.

Welche Erwartungen habe ich also?

an mich? an Dich? an andere Menschen? an Gott? – Am Ende des Jahres ist heute ein guter Moment, sich darüber Gedanken zu machen. Die Erkenntnis, welche Erwartungen ich wirklich habe, kann sehr ernüchternd sein. Wie schnell fliehe ich doch in unpersönliche Formulierungen: „man sollte“ oder „wir müssten“ oder „andere machen“ – und schiebe damit meine eigene Verantwortung weit weg.

Ich erkenne auch, dass ich Geduld brauche mit mir selbst, wenn nicht immer alles so ist, wie ich glaube zu wissen, dass es sein sollte. Mich selber immer wieder erden, meine Haltung mir selbst gegenüber und anderen zu prüfen, gewohnte Gedankengänge kritisch zu überprüfen und alte Antworten mit neuer Perspektive zu betrachten, bleibt im Leben immer eine Herausforderung. Mir bleibt nur zu üben, mich immer wieder neu in Gottes Liebe zu stellen, mich ihm zu überlassen und der Versuchung zu widerstehen, ein Urteil über mich selbst oder andere zu fällen. Nur dann kann es mir gelingen – zumindest an guten Tagen –, aus dieser Liebe heraus zu handeln.

Und wie es mit Gott? Auch Gott gegenüber habe ich Erwartungen. Viele haben klare Vorstellungen darüber, wie Gott sein muss oder wie er sich verhalten wird … muss – auch ich. Die – vielleicht enttäuschende – Erkenntnis: Gott ist so ganz anders – eben göttlich – eben nicht, wie wir ihn uns „backen“ möchten. Gott lässt sich nicht festlegen, er passt in keines der bekannten Schemas und auch nicht in meines, und er entspricht auf keinen Fall meinen Erwartungen. Gott ist Gott. Dabei darf ich trotzdem darauf vertrauen, dass er mich liebt. Denn als kleines Kind kam er in die Welt – nur um uns nahe zu sein.

So stehe ich hier am Ende des Jahres:

Das Herz voller Erfahrungen, Hoffnungen und Enttäuschungen.
Menschen gesucht und gefunden, manche (wieder) verloren.
Corona gesehen, Kontaktarm gelebt, auf Umarmungen und Begegnungen verzichtet.
Und doch – oder gerade deshalb – besondere Momente erleben dürfen.
Dabei neu lernen, was wirklich Bedeutung hat.
Und doch am Ende des Jahres gesegnet und geliebt
dem neuen Jahr entgegen blicken
mit offenen Händen und weit geöffneten Herzen.
Was wird es mir schenken? Was mir nehmen?
Sicher ist, es wird viele glückliche wie traurige Momente geben. Ich werde Menschen begegnen, die mich reicher machen; andere werde ich verlieren und das wird mich ärmer machen. ©ak

So habt Hoffnungen, aber niemals Erwartungen.

Ich will tun, was ich tu. Ich bin ich.
Du willst tun, was du tust. Du bist du.
Die Welt ist unsere Aufgabe. Sie entspricht nicht unseren Erwartungen.
Jedoch, wenn wir uns für sie einsetzen, wird sie schön sein.
Wenn nicht, wird sie nicht sein.

Ruth C. Cohn